14/10/2025
Manifestum.
Wenn es doch so einfach wäre...
In den letzten Monaten fällt es mir immer schwerer Texte zu schreiben. Wer mir schon länger folgt, der weiß, dass die nie kurz sind. Ich tue mich schwer damit so zu tun, als ob gesundheitliche Themen rund um das Pferd einfach wären. Wenn ich dann durch meine Social Media Accounts scrolle, dann stelle ich mir jedoch die Frage, ob sowas heute überhaupt noch gefragt ist.
Da postet jemand ein Vorher-Nachher Bild von einem Pferd, dass ein „Zauber-Rezept“ für sieben Tage gefüttert bekommen habe und nun so super aussieht. Beim Bilder betrachten weiß ich, dass es auch Bilder vom gleichen Tag seien könnten. Vor dem Arbeiten und danach, mit hohem und tiefem Kopf, mit Licht an oder aus. Denn echte Veränderungen sind nicht zu sehen. Aber das Schlimme daran ist: Nach nur 2 Stunden hat dieser Post über 100 Kommentare, dass man bitte auch unbedingt dieses Rezept haben möchte, weil das eigene Pferd ja auch Probleme hat.
Oder ein Hersteller postet vorher und nachher Bilder von Hufen. Die Hufe von einem braunen Pferd vorher haben Hornspalte bis zum Kronrand, sind völlig ausgefleddert und die Trachten untergeschoben. Das Nachher-Bild zeigt einen frisch bearbeiteten Huf, nun von einem hellen Pferd, aber das nur nebenbei. Und das Versprechen: Das hat unser Produkt innerhalb von 6 Monaten bewirkt. Darunter dann noch die schön gekauften Kommentare, denn eine Dame schwärmt davon, dass sie das Produkt zwei Wochen auf die Hufe geschmiert habe und nun alles super sei. Die Pellets, auf die Hufe geschmiert? Respekt.
Aber auch hier das Erschreckende: Ich weiß genau, dass diese Werbung ziehen wird. Es wird unzählige Pferdebesitzer geben, die auf Kaufen klicken, denn es ist ja so wunderbar einfach zu glauben, dass es so leicht sein kann. So viele Leute wollen glauben, dass ein Pülverchen, ein Zauber-Rezept oder ein Saft all die Probleme lösen kann, die ihre Pferde aus falscher Haltung, Fütterung und Training erlitten haben.
Tut mir leid – aber ich mag auf diesen Zug nicht aufspringen. Ich kann euch ehrlich versprechen, dass es auch nicht einfach die Lösung ist, „nur“ natürlich zu füttern. Denn auch diese Art der Fütterung muss vernünftig umgesetzt werden. Und dazu gehört so viel mehr als das, was in der Futterschüssel landet. Steht ein Pferd in einem Aktivstall mit 45 Pferden und hat dauerhaften Stress, dann hilft kein Anti-Stress-Produkt. Die Folgen des Dauerstress im Körper sind nicht aufzuhalten. Steht dein Pferd auf dauerkurzen Wiesen und knabbert nur noch Grasspitzen ohne Heu zugefüttert zu bekommen, dann kann das auch eine „Entgiftungskur“ nicht retten. Wenn dein Hufmensch einfach nicht fähig ist und im Huf falsche mechanische Kräfte wirken, dann können da auch die Pellets nichts dran ändern.
Es wäre toll, wenn es so wäre. Ich hätte nichts dagegen euch nur ein Zauberpülverchen aufzuschreiben und schon ist alles gut. Das würde ich euch, den Pferden und nicht zuletzt mir wünschen. Denn dann wäre mein Job auch um einiges leichter. In den Beratungen habe ich ja viele komplizierte Fälle, die ich begleite. und natürlich gibt es viele tolle Produkte, die euer Pferd unterstützen können. Die Situationen abmildern oder verbessern können. Und ja, manchmal kann man nicht sofort alles verändern oder auf die grundlegende Situation Einfluss nehmen. Aber wenn du so weit bist zu verstehen, dass du etwas an der grundlegenden Haltung, Fütterung oder Training ändern musst, dann bist du garantiert niemand, der auf eines der von mir oben beschriebene Postings anspringen wird. Denn du hast verstanden, dass es nun mal leider nicht so einfach ist…
Das musste heute mal von der Seele. Und ich weiß, dass mir viele Menschen folgen, die es sich definitv nicht leicht machen. Und deswegen werde ich auch wieder mehr schreiben. Versprochen. Denn noch gibt es da draußen hoffentlich noch genug Menschen, die es auch ausführlich lesen und nicht nur bunte Bildchen gucken wollen.