12/03/2021
Am Donnerstag überraschte die dänische Gesundheitsbehörde mit der Ankündigung, dass alle AstraZeneca-Impfungen im Land für zunächst zwei Wochen ausgesetzt werden sollen. 𝗘𝘀 𝗵𝗮𝗯𝗲 𝗕𝗲𝗿𝗶𝗰𝗵𝘁𝗲 ü𝗯𝗲𝗿 𝘁𝗲𝗶𝗹𝘀 𝘀𝗰𝗵𝘄𝗲𝗿𝗲 𝗙ä𝗹𝗹𝗲 𝘃𝗼𝗻 𝗕𝗹𝘂𝘁𝗴𝗲𝗿𝗶𝗻𝗻𝘀𝗲𝗹𝗻 𝗯𝗲𝗶 𝗚𝗲𝗶𝗺𝗽𝗳𝘁𝗲𝗻 𝗴𝗲𝗴𝗲𝗯𝗲𝗻, eine Meldung beziehe sich auf einen Todesfall in Dänemark. Man könne jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststellen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Vakzin und den Blutgerinnseln bestehe.
Es sei wichtig zu unterstreichen, dass man den AstraZeneca-Impfstoff nicht ablehne, sondern die Verabreichung pausiere. Es sei gut dokumentiert, dass das Mittel sowohl sicher als auch effektiv sei. Man müsse jedoch auf Berichte zu möglichen ernsthaften Nebenwirkungen reagieren. Wie viele Fälle es in Dänemark gibt, gab die Behörde nicht bekannt.
➡️ 𝗡𝗼𝗿𝘄𝗲𝗴𝗲𝗻 𝗲𝗿𝗴𝗿𝗲𝗶𝗳𝘁 „𝗩𝗼𝗿𝘀𝗶𝗰𝗵𝘁𝘀𝗺𝗮ß𝗻𝗮𝗵𝗺𝗲“
„Natürlich ist es bedauerlich, dass wir diese Neuigkeiten erhalten“, sagte auch Premierministerin Mette Frederiksen. Gesundheitsminister Magnus Heunicke sprach ebenso wie die Gesundheitsverwaltung von einer Vorsichtsmaßnahme. Die Vorfälle sollten gründlich untersucht werden, schrieb er auf Twitter.
Norwegen folgte wenige Stunden später. Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, sagte der Abteilungsleiter für Infektionskrankheiten am norwegischen Institut für öffentliche Gesundheit (FHI), Geir Bukholm. Das FHI bat die Geimpften, sich nicht unnötig Sorgen zu machen. Wenn sich ein Zusammenhang zwischen Impfstoff und Blutgerinnsel herausstelle, würde das eine äußerst seltene Nebenwirkung darstellen, hieß es in einer Mitteilung.
AstraZeneca gab sich zunächst zurückhaltend. Man sei sich der dänischen Entscheidung bewusst, sagte ein Sprecher des Pharmakonzerns. „Die Sicherheit des Impfstoffs ist in klinischen Phase-III-Studien ausführlich untersucht worden, und die von Experten begutachteten Daten bestätigen, dass der Impfstoff generell gut verträglich ist“, hieß es auf Anfrage.
➡️ 𝗗𝗿𝗲𝗶 𝗠𝗲𝗹𝗱𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 𝗶𝗻 Ö𝘀𝘁𝗲𝗿𝗿𝗲𝗶𝗰𝗵
Die skandinavischen Länder reagierten mit ihrem Schritt auch auf Berichte aus Österreich. In den vergangenen Tagen waren nach einer Impfung mit AstraZeneca ein Todesfall aufgetreten sowie zwei Krankheitsfälle. Eine 49-jährige Krankenpflegerin des Landesklinikums Zwettl in Niederösterreich war infolge schwerer Gerinnungsstörungen gestorben, eine 35-jährige Kollegin entwickelte eine Lungenembolie, befand sich zuletzt jedoch auf dem Weg der Besserung.
Bei diesen beiden Fällen hatten die betroffenen Frauen zuvor Impfungen aus derselben Charge erhalten. Auch wenn zunächst kein kausaler Zusammenhang ausgemacht worden war, wurde vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) die betreffende Charge aus dem Verkehr gezogen und eine Untersuchung des Todesfalls veranlasst.
➡️ 𝗕𝗲𝗿𝗮𝘁𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 𝗺𝗶𝘁 𝗚𝗲𝘀𝘂𝗻𝗱𝗵𝗲𝗶𝘁𝘀𝗺𝗶𝗻𝗶𝘀𝘁𝗲𝗿𝗶𝘂𝗺
Ein dritter Fall von Komplikationen wurde aus der Steiermark gemeldet: Eine Grazer Krankenpflegerin musste nach einer Impfung mit AstraZeneca in Spitalsbehandlung. Auch dieser Fall wird noch geprüft. Am Mittwochabend hatte die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) bekanntgegeben, dass sie bisher keine Hinweise darauf habe, dass die Fälle auf Impfungen mit dem Vakzin zurückzuführen wären.
Am Donnerstagnachmittag war ein Informationsaustausch der Landesgesundheitsrätinnen und -räte mit dem Ministerium geplant. Auch Expertinnen und Experten sowie das BASG sollen dabei vertreten sein, so die APA. In der Videokonferenz soll über die aktuelle Entwicklung beraten werden, hieß es. In Salzburg sieht man zumindest vorerst keinen Grund, etwas zu ändern – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Das Burgenland forderte eine Klarstellung und Empfehlung des Bundes über die weitere Vorgangsweise – mehr dazu in burgenland.ORF.at.
➡️ 𝗔𝗯𝘄𝗮𝗿𝘁𝗲𝗻 𝗶𝗻 𝗗𝗲𝘂𝘁𝘀𝗰𝗵𝗹𝗮𝗻𝗱
Die EMA hatte erklärt, die Charge mit einer Million Impfdosen sei an 17 EU-Länder geliefert worden. Die bisher verfügbaren Informationen zeigten, dass die Anzahl der thromboembolischen Vorfälle bei geimpften Personen nicht höher sei als in der Allgemeinbevölkerung. Bis zum 9. März seien 22 Fälle von thromboembolischen Vorfällen unter den drei Millionen Menschen gemeldet worden, die bisher in der EU mit dem AstraZeneca-Mittel geimpft wurden. Neben Österreich stoppten auch Estland, Litauen, Lettland und Luxemburg die Impfungen mit dieser betroffenen Charge.
Nach dem Stopp aller AstraZeneca-Impfungen in Dänemark gab sich Deutschland am Donnerstag abwartend. „Nach jetzigem Stand gibt es noch keine Hinweise darauf, dass der Todesfall in Dänemark mit einer Corona-Impfung ursächlich in Verbindung steht“, sagte ein Sprecher des deutschen Gesundheitsministeriums. „Aktuell untersuchen die europäischen Arzneimittelbehörden den Fall.“ In Deutschland blieb in den vergangenen Wochen eine Vielzahl von AstraZeneca-Impfdosen ungenutzt – unter anderem, weil frühere Berichte über eine geringere Wirksamkeit sowie Nebenwirkungen die Skepsis gegenüber dem Impfstoff erhöht hatten.
Der deutsche SPD-Abgeordnete und Epidemiologe Karl Lauterbach sprach sich am Donnerstag gegen einen Stopp von AstraZeneca aus. Thrombosen seien „eine häufige Folge von Covid. Davor genau schützt der AstraZeneca-Impfstoff. Ich bleibe dabei: Der AstraZeneca-Impfstoff ist sicher, und seine Wirksamkeit hat man am Anfang sogar stark unterschätzt. Ich würde ihn jederzeit nehmen“, so Lauterbach auf Twitter.
➡️ 𝗙𝗣Ö 𝗳𝗼𝗿𝗱𝗲𝗿𝘁 𝗔𝗻𝘄𝗲𝗻𝗱𝘂𝗻𝗴𝘀𝘀𝘁𝗼𝗽𝗽
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) müsse es Dänemark gleichtun, forderte am Donnerstag FPÖ-Chef Norbert Hofer. „Bis alle Untersuchungen seriös abgeschlossen sind, muss AstraZeneca generell aus dem Verkehr gezogen werden.“ Es sei unerlässlich, dass Menschen, die sich für eine Impfung entscheiden, großes Vertrauen in die verwendeten Impfstoffe haben.
Ähnliche Stimmen kamen aus Italien. Die oppositionelle Rechtsaußen-Partei Fratelli d’Italia bezog sich auf die Untersuchungen in Österreich und forderte von der Regierung in Rom einen Anwendungsstopp. Die Situation sei in Italien besorgniserregend. Zwei Militärs auf Sizilien seien plötzlich in den vergangenen Tagen gestorben, nachdem sie die erste AstraZeneca-Impfdosis erhalten hätten, so der Parlamentarier Edmondo Cirielli. „Die italienische Regierung soll erklären, aufgrund welcher Garantien sie sich an AstraZeneca für die Impfstofflieferungen gewendet hat und welche Initiative sie zum Schutz der Italiener ergreifen will“, forderte der Politiker.
Die italienische Medizinaufsichtsbehörde AIFA kündigte später an, die Verwendung bestimmter Chargen des AstraZeneca-Impfstoffes zu verbieten. Bei der Charge mit der Kennung ABV 2856 habe es einige ernstzunehmende negative Auswirkungen gegeben. Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, da noch kein Zusammenhang zwischen den Vorkommnissen und den Impfungen festgestellt werden konnte.
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