30/10/2024
In Zeiten, in denen der Eindruck entstehen kann, daß Evangelikale, Islamisten und Rechtspopulisten (und sogar auch Linkspopulisten, wenn auch auf scheinbar verlorenem Posten) sich gerade ein blutiges Wettrennen um Macht und Deutungshoheit über die sozial konstruierten Wirklichkeiten liefern, vielleicht auch nur in der vagen Hoffnung, auf diese Weise dem Gewahrsein des Klimawandels zu entrinnen, möchte ich die Gelegenheit nutzen, hier etwas zum Thema Glauben beizutragen.
Ich möchte gern daran erinnern, daß Glauben bedeutet, eine mentale Konstruktion mit Bedeutung aufzuladen, ob es die Vorstellung von einem liebenden oder strafenden Gott, vom Weihnachtsmann, von gut und böse oder dem Wirtschaftswachstum ist.
Glauben entspringt einem Geist, der Verantwortlichkeit und Deutungshoheit außerhalb seiner selbst verortet und urteilend in Kategorien von Schuld und Erwartung denkt. Es ist ein kindliches Erleben, das sich immer noch nach dem Segen und nach der Zuwendung der Eltern sehnt, an deren Stelle nun meist religiöse, gesellschaftliche oder ideologische Institutionen gerückt sind. Nicht selten ist diese Sehnsucht auch einer Angst vor Bestrafung gewichen. Manchmal hat man es sogar geschafft, Zuflucht in einer passiv-aggressiven Rebellion gegenüber diesen Autoritäten zu finden - dies mindert jedoch in keiner Weise die Macht, die man ihnen gibt.
Dieser kindliche Erlebnismodus sieht sich als existenziell abhängig von der Zugehörigkeit zu einer Familie bzw. gesellschaftlichen Gruppierung, deren Narrativen und Regeln er sich unterwirft, denen er Autorität und Kompetenz zuschreibt und mit denen er sich identifiziert. Er würde sich niemals "anmaßen", eine eigene Haltung zu finden und zu vertreten, die der Qualität dessen, was er glaubt, gleichkäme. Dazu müsste er zunächst aus einem erwachsenen Modus heraus sich selbst jene Deutungshoheit und Autorität zuschreiben, die er bei anderen mutmaßt. Zum Beispiel die Deutungshoheit darüber, was Gott ist. Damit würde er jedoch deren Liebe und die Zugehörigkeit zu einer Gruppe riskieren, von der er sich abhängig wähnt.
Glauben ist also nichts für den erwachsenen Geist, jedoch nahezu unvermeidlich für die kindliche Sozialisation.
Nonduale Traditionen des Denkens haben dies schon lange vor der Psychoanalyse und der Systemtheorie erkannt und Lebensweisen kultiviert, die dem Rechnung tragen.
Mehr dazu erfährst du auf
https://tantra-lebensart.de/philosophie-des-tantra