04/11/2025
Hebamme Eva Schranz erzählt:
Um 3:00 nachts weckt mich mein Klingelton. Wie erwartet ist es M., die anruft - sie ist in SSW 40+5. Sie spürt seit ca. 45min leichte Wehen alle 4-5min. Ein bisschen möchte sie noch versuchen auszuruhen und meldet sich wieder, wenn das nicht mehr geht. Schon kurz nach 4:00 ist es soweit: Die Wehen sind intensiver geworden und sie will sich auf den Weg ins Geburtshaus machen. Um 5:00 treffe ich M. und ihren Mann dort. Sie veratmet alle 2-3min leise eine Wehe, aber wirkt noch nicht sehr gefordert. Die Herztöne des Babys sind perfekt, und das wird für die gesamte Geburt so bleiben. M. ist neugierig, wie weit die Geburt fortgeschritten ist. Bei ihrer 1. Geburt hatte sie eine sehr lange und kräftezehrende Latenzphase, in der sie mehrmals ins KH und wieder nachhause gefahren ist. Um 5:30 sind 3cm geschafft, ein Anfang ist also gemacht.
In den nächsten Stunden veratmet sie Wehe um Wehe, mal sitzend auf dem Ball, mal stehend, mal kniend auf der Matte. Um 7:40 wünscht sie sich dringend eine weitere Untersuchung trotz meiner schmunzelnden Info, dass es davon nicht schneller geht: 4cm. Und wieder vergehen einige Stunden mit vielen Wehen. Ihre Intensität wirkt auf mich eher gleichbleibend - ich bemerke kaum, wenn M. eine Wehe hat, weil sie noch sehr ruhig dabei ist. Sie braucht auch noch keine Unterstützung von mir. Um 11:45 möchte M. wieder untersucht werden und ist stolz, dass sie trotz ihrer Neugier 4 Stunden ausgehalten hat. Die Untersuchung ergibt 6cm, der Muttermund ist noch weit hinten und das Köpfchen dreht sich noch munter hin und her. Es geht langsam, aber stetig voran. M. arbeitet weiter, veratmet, isst, trinkt, wechselt die Position und geht zwischendurch aufs WC. Am Nachmittag werden die Wehen etwas intensiver. Sie sagt: „Es drückt jetzt schon mehr nach unten.“ Um 15:10 untersuche ich sie auf ihren Wunsch wieder. 7cm sind geschafft, jetzt wird sie langsam ungeduldig. Sie hätte nicht gedacht, dass es so lange dauert. Für eine zweite Geburt ist das auch eher ungewöhnlich. Sie fragt, was die Geburt beschleunigen könnte, abgesehen von all den Geburtspositionen, die sie schon ausprobiert hat. Ich könnte die Fruchtblase öffnen, wenn sie das möchte. Danach würde die Geburt wahrscheinlich schnell Fahrt aufnehmen. Nach einigem Überlegen entscheidet sie sich dagegen. Stattdessen machen Noemi als 2. Hebamme und ich nun ein paar „Spinning Babies“-Übungen mit ihr und danach bitten wir sie, auf dem Ball intensiv das Becken zu kreisen und zu kippen. Um 16:30 beginnt sie leise zu tönen, bald danach muss sie sich übergeben. Jetzt werden die Wehen eindeutig kräftiger. Um 17:10 ist der Muttermund 8cm geöffnet. Wir bleiben also bei einem eher langsamen Fortschritt, aber es gibt einen Fortschritt. Inzwischen spürt sie auch mehr Druck nach unten, sodass sie sich wieder gegen die Öffnung der Fruchtblase entscheidet. Wir sind alle zuversichtlich, dass es jetzt besser vorangehen wird. Im Hirtenstand auf der Matte scheint sie in der Wehe schon leicht mitzuschieben, der Druck wird hörbar stärker. Gegendruck am Kreuzbein tut ihr jetzt gut. Es dauert nicht lange, bis sie eindeutig und kraftvoll mitschiebt und ich lege ihr warme Kompressen auf den Damm. Um 18:00 hält die Fruchtblase dem Druck nicht mehr stand und platzt eindrucksvoll. Jetzt ist es fast geschafft. M. kniet auf der Matte und schiebt ihr Baby mit jeder Wehe ein ganzes Stück tiefer, jetzt geht es ganz schnell. Als das Köpfchen sichtbar wird, bitte ich sie, sich etwas einzubremsen und dem Damm Zeit zu geben, sich zu dehnen. Es gelingt ihr perfekt, die nächsten beiden Wehen großteils zu veratmen, während das Köpfchen langsam geboren wird. Kaum ist der Kopf auf der Welt, verzieht sich das kleine Gesicht und das Baby beginnt bereits zu weinen. M. ist kurz verwirrt - es ist doch noch nicht geboren? Nein, aber ihr Baby macht sich jetzt schon deutlich bemerkbar, während wir auf die letzte Wehe warten. Schon ist es soweit und ich fange um 18:10 ein gesundes und kräftiges Baby auf. M. schließt es liebevoll in ihre Arme. Die Geburt hat länger gedauert als erwartet, ist aber dennoch ohne Komplikationen verlaufen. Man hätte sie beschleunigen können, aber notwendig war es nicht.
Herzlichen Glückwunsch, liebe M., du hast so viel Durchhaltevermögen bewiesen! 💐