06/10/2022
Bin ich bedürfnissorientiert genug?
Auf einem Campingplatz. Eine Mutter hängt in aller Seelenruhe die Klamotten auf, während ihr vielleicht 6-monatiger Sprössling lauthals im Kinderwagen weint. Die Mama reagiert nicht. Das Baby fühlt sich sicher alleine und möchte hoch genommen werden. Die Mama könnte doch eine Babytrage benutzen? Oder der Papa sich um ihn kümmern? Oder der Papa Wäsche aufhängen?
Ein Kind kreischt , möchte aus dem Kinderwagen, will irgendwas haben. Die Mutter schimpft mit ihm und lässt ihn angeschnallt im Kinderwagen sitzen. Das Kind kreischt sehr laut, windet sich, fühlt sich merklich unwohl. Wie gemein, denke ich. Kinder können ja bis zu einem bestimmten Alter ihre Emotionen noch nicht alleine regulieren – warum schimpft die Mutter ihn dann noch, wenn er eh schon weint?
Das 6-monatige Baby ist schon fast abgestillt, wird mir stolz erzählt. Es bekommt pro Tag vier Breimahlzeiten und muss nur noch am morgen gestillt werden. Wow, denke ich mir. Bin ein bisschen neidisch, weil ich mein 18 Monate alte Tochter «immer noch» nach Bedarf stille. Also gefühlt etwa 10 mal am Tag. «Sie isst recht viel, etwa 200 Gramm pro Mahlzeit» erklärt die Oma und schiebt dem Baby noch den letzten Löffel in den Mund, den sie aus dem Gläschen gekratzt hat. Das Baby will eigentlich nicht mehr, macht dann aber doch ergeben nochmal den Mund auf.
Was haben diese drei Geschichten gemeinsam? Ich denke, dass so viele Menschen noch so wenig über Babys und Kinder wissen. Und dass wir in einer Welt leben, die vom Adultismus geprägt ist. Klar, ich mach sicher auch nicht alles richtig. Im Unterbewusstsein leben alte Glaubenssätze weiter, wie «Du musst doch auch mal durchgreifen» oder «Lass dir nicht auf der Nase tanzen». Wusstest du, dass der «Beikostfahrplan» aus der Nazizeit stammt und seitdem nur wenig abgewandelt wurde?
Ich will mit diesem Post nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Ich möchte uns alle, mich eingenommen, vielmehr auffordern, voneinander, von Büchern, Podcasts, Instagram etc. zu lernen, «unlearning» zu betreiben und alles daran zu setzen, dass unsere Kinder mit der Liebe behandelt werden bzw. erfahren, die wir eigentlich für sie fühlen.