13/11/2025
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Wir Menschen können so viel ertragen. Was wir aber auch könnten: Uns öfter mal fragen, warum wir das eigentlich sollten? Weil es geht? Weil wir uns so sehr daran gewöhnt haben? Weil sich andere so sehr daran gewöhnt haben? Weil wir in einer Welt leben, in der von uns erwartet wird, dass wir unsere persönlichen Grenzen regelmäßig nicht nur vorsichtig erweitern, sondern sie höchstselbst mit voller Stampfe-Power dem Boden gleichmachen?
Oft wird Stärke mit Pflicht verknüpft: »Wenn ich es kann, muss ich es tun.« Was für ein Quatsch eigentlich, oder? Nur weil wir etwas bewältigen könnten, heißt das nicht, dass wir es mit Biegen und Brechen aushalten müssen. Fähigkeit bedeutet nicht Verpflichtung: Nur weil wir stark genug sind, etwas zu tun, heißt das längst nicht, dass wir uns selbst damit überfordern müssen. Können heißt nicht Müssen.
Manchmal ist es die größte Stärke, eben gerade nicht weiterzumachen, sondern Nein zu sagen – obwohl du technisch gesehen vielleicht noch gekonnt hättest. In unserer Leistungsgesellschaft wird das oft vergessen. Zur Freude derer, die von unserer Selbstausbeutung profitieren. Wir glauben, dass wir alles tragen müssen – emotional, beruflich, zwischenmenschlich –, nur weil wir könnten. Aber jetzt noch mal alle zusammen: Die Fähigkeit, etwas zu ertragen, ist nicht gleichbedeutend mit der Notwendigkeit, es zu tun. Und du darfst, ja solltest dich entlasten, bevor du zerbrichst, wann immer es möglich ist.
Persönliche Grenzen stehen für Selbstachtung und Fürsorge. Aber – und das muss auch gesagt werden – das können sich nicht alle immer leisten: Manchmal ist es leider überlebenswichtig, dass wir Menschen so unfassbar viel ertragen können. Wir haben nicht immer die Wahl, eine Verschnaufpause vom Ertragen zu machen. Aber das ist eigentlich nur ein Grund mehr, einen Notfallmodus nicht zum Alltagszustand zu machen, wenn er sich vermeiden lässt.
Und vielleicht geht es im Leben auch ziemlich viel darum, den Unterschied zu erkennen, um ein bisschen mehr innere Klarheit zu finden: Wann ist Ertragen notwendig oder nur eine Selbstaufopferung? Kurz: zu lernen, das Können vom Müssen zu unterscheiden.