14/09/2025
Die buddhistische Tradition sowie auch die Yogaphilosophie kennt vier besondere Geistes- und Herzensqualitäten, die „Brahmaviharas“ genannt werden. Wörtlich bedeutet das „die göttlichen Verweilungen“ – Zustände, in denen sich der Geist frei, weit und mitfühlend entfalten kann. Sie sind keine abstrakten Ideale, sondern Qualitäten, die wir im Alltag kultivieren können.
Die Brahmaviharas sind:
METTA (liebende Güte) Die Fähigkeit, anderen und uns selbst wohlwollend und freundlich zu begegnen. Sie sagt: „Mögest du glücklich sein.“
KARUNA (Mitgefühl) Das offene Herz angesichts von Leid. Mitgefühl bedeutet nicht, im Schmerz unterzugehen, sondern eine solidarische Nähe.
MUDITA (Mitfreude) Die Freude am Glück der anderen. Statt Neid zu empfinden, dürfen wir uns an den Erfolgen und dem Wohlergehen anderer mitfreuen.
UPEKKHA (Gleichmut oder Gelassenheit) Ein weites, gelassenes Herz, das alles mit Klarheit und Balance betrachtet. Es bedeutet nicht Gleichgültigkeit, sondern ein tiefes Vertrauen in den Fluss des Lebens.
Die Brahmaviharas sind nicht nur schöne Ideen – sie sind Übungen. Anfangs wirken sie manchmal ungewohnt: „Soll ich mir ernsthaft wünschen, dass alle glücklich sind, selbst die, die mich nerven?“ Doch mit der Zeit verändern sie die innere Haltung.
Mehr Weite im Herzen: Wenn ich täglich ein paar Minuten Metta-Meditation übe, spüre ich, wie ich sanfter mit mir selbst werde – und auch weniger schnell in Ärger explodiere.
Weniger Neid, mehr Freude: Durch mudita erkenne ich, dass das Glück der anderen kein Verlust für mich ist. Ihr Licht löscht meins nicht aus – im Gegenteil, es macht die Welt heller.
Stärke in schwierigen Zeiten: Karuna und upekkha helfen mir, Leid zu sehen, ohne daran zu zerbrechen. Sie schenken inneren Halt – wie ein Anker, wenn das Meer stürmisch wird.
So werden die Brahmaviharas zu inneren Freunden. Sie erinnern mich daran, dass mein Herz grösser ist als Angst, Neid oder Abwehr.
Mit der Zeit wachsen wir in eine Haltung hinein, die nicht nur uns selbst guttut, sondern auch unsere Beziehungen und unsere Welt heilt.