12/10/2025
⚖️ Der Herbst ist die Jahreszeit, in der die Natur uns lehrt, loszulassen. Bäume, die ihre Blätter verlieren, erinnern uns daran, dass auch in uns Zyklen wirken – Phasen des Wachsens, des Reifens und des Vergehens. Psychologisch betrachtet ist der Herbst eine Metapher für die Akzeptanz der Vergänglichkeit. Er konfrontiert uns mit Endlichkeit, aber auch mit der Möglichkeit, daraus innere Ruhe und neue Kraft zu schöpfen.
Wenn die Tage kürzer werden, richtet sich der Blick nach innen. Die äußere Welt zieht sich zurück, und wir spüren oft eine leise Melancholie – ein Gefühl, das viele Menschen in dieser Jahreszeit begleitet. Diese Melancholie ist kein Feind, sondern eine Einladung. Sie erlaubt uns, zu reflektieren, was in unserem Leben „verblüht“ ist, was wir loslassen dürfen, um Platz für Neues zu schaffen.
In der Psychologie spricht man hier vom Prozess der Integration: Vergangenes wird nicht verdrängt, sondern angenommen und in die eigene Lebensgeschichte eingebettet. Das Loslassen wird zum bewussten Akt der Selbstfürsorge.
Gleichzeitig birgt der Herbst den Keim des Neubeginns. Unter der scheinbaren Starre bereitet sich die Natur auf neues Leben vor. Samen fallen in die Erde, um im Frühling wieder zu keimen. Auch in uns entsteht in dieser Phase oft eine stille Sehnsucht nach Neuorientierung. Der Rückzug in sich selbst, die Ruhe und der Verzicht auf äußere Aktivität schaffen Raum für innere Entwicklung.
So steht der Herbst psychologisch für den Übergang – ein Zustand zwischen Abschied und Hoffnung. Er erinnert uns daran, dass kein Ende endgültig ist und dass in jedem Vergehen die Möglichkeit eines Neubeginns liegt.
Vielleicht ist das die tiefste Botschaft des Herbstes:
Dass das Leben nicht in linearen Bahnen verläuft, sondern in Kreisläufen. Und dass jeder Abschied, so schmerzhaft er auch sein mag, die Voraussetzung dafür ist, dass etwas Neues entstehen kann – still, unerwartet und doch voller Leben.