07/06/2019
Psychosozialer Stress blockiert die Knochenheilung 0
Betablocker können helfen.
07.06.2019
Traumatische Erlebnisse und psychische Dauerbelastungen behindern massiv die Heilung von Knochenbrüchen. Das stellten Wissenschaftler der Universität Ulm und Fachkollegen aus Kalifornien fest. Außerdem ließ sich diese Art der Heilungsstörung durch den Betablocker Propanolol beheben.
Menschen mit einem posttraumatischen Belastungssyndrom (PTBS) haben häufig psychosomatische Beschwerden. Sie leiden häufiger an chronisch-entzündlichen Erkrankungen und habe ein höheres Frakturrisiko. Diese Erkenntnisse gibt es schon länger. Jetzt wollten die Forscher wissen, ob auch die Heilung beeinträchtigt ist.
Entdeckt haben sie einen zentralen Mechanismus, der die Wirkung von chronischem Stress auf das Immunsystem und die Regeneration von Knochengewebe vermittelt. Mit Gabe von Propanolol konnte dieser Mechanismus blockiert werden. „Bricht sich jemand das Bein, treten kurz danach an der Bruchstelle lokale Immunreaktionen auf. Der Körper sondiert sozusagen die Lage und beseitigt schadhaftes Gewebe. Mit der Zeit überwachsen Knochenzellen den bruchbedingten Spalt und der Bruch heilt ab“, erläutert Professorin Anita Ingatius, Direktorin des Instituts für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik den gewöhnlichen Heilvorgang. Bei Stress kommt es zu einer überschießenden Entzündungsreaktion. Neutrophile Granulozyten, spezialisierte Immunzellen, wandern in die Hämatome. Knorpel wandelt sich schlechter zu Knochen um, was wiederum die Knochenneubildung behindert. Der Knochen entwickelt dabei nicht mehr die gewohnte Festigkeit.
Dieser Mechanismus kommt auf einem Signalweg zustande, der von Rezeptoren bestimmt ist, die auf Adrenalin reagieren. Das ist die Verbindung zum sympathischen Nervensystem. Deshalb wirkt hier ein Betablocker positiv. „Dadurch normalisierten sich nicht nur die Immunreaktionen, sondern auch die Knochenheilung verlief wieder ungestört“, sagt die Molekularmedizinerin Dr. Melanie Haffner-Luntzer. Sie ist Teil des Arbeitsteams um Professor Reber, dem Leiter der Studie.
Mit diesen grundlegenden Erkenntnissen über das Wechselspiel zwischen Nervensystem, Immunsystem und Gewebsregeneration erhoffen sich die Forscher nun, dass sie Menschen mit PTBS besser helfen können.
Ein kostenloses Abstract der Publikation finden Sie hier.
Ul.Ma. / physio.de