18/04/2025
Aus den Augenwinkeln 🙏
Eigentlich waren Karen und ich gestern mit NaMo bereits auf dem Weg zu unserer zweiten Station, St. Gertrud-Kirche. Viel war nicht los am HBF und wir konnten die Patienten schnell versorgen. Wir wollten gerade aus dem Parkplatz herausfahren, da sah ich – aus meinem Augenwinkel - einen älteren Mann an einer Krücke gehen und ohne Socken in den Schuhen. Frag ihn doch mal, ob er bei der Kälte nicht ein paar Socken von uns haben möchte, bat ich Karen. Karen sprang also vom Beifahrersitz und eilte zu dem älteren Mann. Kurze Zeit später winkte sie mir zu, dass nicht nur fehlende Socken ein Thema sind und dass ich wieder zurück auf den Parkplatz fahren sollte.
Etwas zögerlich und auch ziemlich auf den Verkehr am Bahnhof schimpfend, kam der ältere Mann mit Karen zum NaMo und beherzt halfen wir ihm auf den Wagen. Was wir nicht sofort sahen, rochen wir zumindest gleich. Urin, Kot und auch Verwesung ☹ Und eine Wunde am Fußknöchel. Krankenhaus oder ärztliche Angebote lehnte er kategorisch ab. Vorsichtig versuchten wir ihm die Schuhe auszuziehen, sie klebten regelrecht fest an seinen Füßen und das Ausziehen bereitete ihm große Schmerzen ☹ Karen sprach beruhigend auf ihn ein und gemeinsam versuchten wir zunächst einmal seine Füße vom Kot zu befreien. Wir hatten kaum eine Chance bei seinen Schmerzen. Als wir seine Hose aufschnitten, kamen weitere Wunden zum Vorschein. Gott sei Dank entspannte unser Patient sich zwischenzeitlich und schlief sogar ein. In Ruhe konnten wir seine Wunden versorgen und als wir ihm eine neue, schön weite Hose, anzogen, wachte er wieder auf. Wir fanden auch passende und vor allem weiche Schuhe für ihn, in die seine Füße mit Verband und Socken hineinpassten.
Eigentlich wollten wir ihm auch einen neuen Pullover und eine Jacke anziehen, aber das Prozedere war ihm dann doch zu viel. Er wollte unbedingt weiterziehen und wir hätten ihn unplanmäßig aufgehalten. Aber er bedankte sich in einer Tour und schäkerte sogar ein wenig mit Karen.
Viel konnten wir nicht für ihn tun und es ist auch fraglich, ob wir ihn nächste Woche antreffen. Er ist 60 Jahre alt und obdachlos. Alle seine Kumpel auf der Straße seien bereits verstorben, er ist als einziger übriggeblieben. Er hat keinen und er will auch nichts bekommen. Aber er fand es nett bei uns auf dem Wagen. Und wir sind froh, dass wir ihn entdeckt haben.