10/07/2025
Deine eigenen Grenzen zu erkennen und freundlich aufzuzeigen, lernst du im Kurs „Mut zum Grenzen erkennen“. Wenn du Fragen dazu hast, melde dich gerne.
Heutzutage ist »Grenzen setzen« in unserer flauschigen Reflexions-Bubble eine Art Trendsport. Gut so. Und auch eine logische Entwicklung. Denn: Je mehr wir ein Bewusstsein für mentale Gesundheit entwickeln, desto mehr tröpfelt auch ein Bewusstsein für unsere ganz individuellen Belastungspunkte in unser Leben. Und das phrasige »Grenzen setzen« ist dabei ein zentraler Punkt. Was für manche Menschen selbstverständlich ist, ist für andere eine Herausforderung. Denn wenn man jahrelang alle Bedürfnisse um sich herum bedient hat, außer die eigenen, hat man die eigenen Bedürfnisse regelrecht aus dem Leben katapultiert. Dann, wenn man immer verfügbar war, nur nicht für sich selbst. Dann, wenn man allen Verständnis entgegengebracht hat, sich selbst aber hart beeurteilt hat. Damit einhergehend hat man auch eine gewisse Verlässlichkeit der Selbstvernachlässigung geschaffen. Denn selbst wenn man immer noch 100 Prozent gibst, nehmen andere lediglich wahr, dass es weniger ist, wenn man vorher 150 Prozent gegeben hat. Menschen gewöhnen sich daran. Und jede*r, die*der erfolgreich anfängt, Grenzen zu ziehen, merkt schnell, dass damit auch die eine oder andere Verbindung gehen muss – oder entlarvt wird, weil man merkt, dass die Bedingung für diese Beziehung eigentlich nur die Selbstvernachlässigung war.
Und dann schwelt da oft noch die Wut nach all dem Leid, der Trennung und den Konflikten, die folgen, wenn man sich aus dem eigens dekorierten Raum befreit hat. Wut darüber, dass man in etwas investiert hat, was nun einknickt und wo man nie etwas zurückbekommen hat. Wut, weil man nicht gesehen wurde. Wut darüber, dass man nicht schon vorher die Tapete abgerissen hat und so vieles all die Zeit darunter verborgen blieb. Wut auf sich selbst, Wut auf leere Versprechen und leere Worte. Und das ist vollkommen normal innerhalb dieses Prozesses. Weil diese Wut eben aus dem Schmerz heraus entsteht, den man hinter der Tapete gefunden hat. Aber diese Wut hat auch einen Nutzen: Sie zeigt auf, wie wichtig es war, sich selbst zu retten, zu priorisieren. Denn Tapete kann noch so dekorativ sein: Wenn das Gemäuer darunter marode ist, fallen auch die Bilder von den Luftschlössern irgendwann herunter.