09/11/2025
Diabetisches Fußsyndrom – Komplexität, Risiko und der Stellenwert strukturierter Versorgung
Das Diabetische Fußsyndrom zählt weiterhin zu den relevantesten Komplikationen des Diabetes mellitus – mit hoher Morbidität, erheblicher ökonomischer Belastung und einem nach wie vor unterschätzten Amputationsrisiko. Die Herausforderungen liegen weniger im Wundmanagement selbst, sondern in der Kombination aus Neuropathie, Mikro- und Makroangiopathie, biomechanischen Fehlbelastungen und Infektanfälligkeit.
Pathophysiologische Kernelemente:
• Periphere sensomotorische Neuropathie: Verlust der Schutzsensibilität, Störung der Druckverteilung, erhöhte Anfälligkeit für plantare Läsionen.
• Ischämie durch pAVK: Verzögerte Heilung, erhöhtes Risiko für Nekrosen und Infektionen.
• Infektionen: Häufig polymikrobiell; rasches Fortschreiten, insbesondere bei ischämischer Komponente.
• Biomechanische Faktoren: Callusbildung, Fehlstellungen, Offloading-Probleme.
Schlüssel in der Diagnostik:
• Systematische Risikostratifizierung (z. B. IWGDF-Risikoklassen)
• Vaskuläre Diagnostik inkl. ABI, TBI, Duplex
• Neurologische Testungen (Monofilament, Stimmgabel, Temperatur)
• Früherkennung subklinischer Hautveränderungen und Hyperkeratosen
Versorgungsschwerpunkte in der Praxis:
• Druckentlastung (Offloading): Goldstandard, häufig entscheidend für den Verlauf – von Entlastungsschuhen bis Total Contact Cast.
• Infektmanagement: Differenzierung zwischen oberflächlichen und tiefen Infektionen, gezielte systemische Therapie, ggf. chirurgische Abklärung.
• Revaskularisation: Enge Zusammenarbeit mit Gefäßmedizin; frühzeitige Indikationsstellung erhöht die Heilungsrate signifikant.
• Metabolische Stabilisierung: Optimierung des Glukosestoffwechsels und Behandlung Begleiterkrankungen.
• Podologische und orthopädieschuhtechnische Maßnahmen: Prävention von Ulzerationen, Reduktion von Druckspitzen, Versorgung mit Hilfsmitteln.
• Interdisziplinarität: Diabetologie, Gefäßchirurgie, Infektiologie, Podologie, Wundexperten, Orthopädietechnik – die Qualität der Abstimmung entscheidet über das Outcome.
Warum das alles relevant bleibt:
Trotz Leitlinien und klar definierten Standards entstehen viele DFS-Wunden durch Verzögerungen in der Diagnostik, fehlende Risikoeinschätzung, Übersehen von Ischämien oder unzureichendes Offloading. Eine strukturierte Versorgung senkt das Amputationsrisiko nachweislich – und steigert die Lebensqualität der Betroffenen erheblich.