08/12/2025
Sie war nicht „nur“ Mutter von zwölf Kindern, sondern hatte auch zwei Doktortitel – einen in Ingenieurwesen und einen in Psychologie: Lillian Moller Gilbreth (1878–1972). Gemeinsam mit ihrem Mann Frank entwickelte sie die berühmten „Zeit- und Bewegungsstudien“, mit denen Arbeitsabläufe in Fabriken schneller, sicherer und weniger ermüdend wurden. Während er vor allem an Tempo dachte, brachte sie den menschlichen Blick ein: Arbeit sollte effizient und menschenwürdig sein. Das Familienleben diente dabei gleich als Experimentierfeld – später erzählten zwei ihrer Kinder davon im Buch „Cheaper by the Dozen“.
Als Frank 1924 plötzlich starb, stand Lillian mit elf noch zu Hause lebenden Kindern und fast ohne Einkommen da. Obwohl sie promoviert war und die gemeinsame Arbeit mitgetragen hatte, wollten Firmen plötzlich keine „weibliche Ingenieurin“ engagieren. Also drehte sie den Spieß um: Wenn man sie auf den Haushalt reduzieren wollte, machte sie genau daraus ihr Forschungsgebiet. Sie befragte tausende Frauen, analysierte Küchen wie andere Fabrikhallen und entwarf Lösungen, die heute selbstverständlich sind: das effiziente L-förmige Küchenlayout, unterschiedliche Arbeitsflächenhöhen, Türfächer im Kühlschrank – und den Mülleimer mit Fußpedal, den man berührungslos öffnen kann.
So baute sie sich eine neue Karriere auf, wurde gefragte Beraterin von Regierung und Industrie, erste Professorin für Ingenieurwesen an der Purdue University und später in die National Academy of Engineering aufgenommen. Man nannte sie „Mutter des modernen Managements“. Lillian Gilbreth zeigte, dass unsichtbare Hausarbeit genauso klug geplant sein kann wie eine Produktionslinie – und dass eine Frau selbst in einer feindlichen Männerdomäne ganze Systeme verändern kann. Wo andere nur Probleme sahen, sah sie Verbesserungspotenzial – bis hinein in den Moment, in dem wir mit dem Fuß den Mülleimer öffnen.