30/06/2020
Bist Du der Typ Mensch, der sagt, «ich werde nie wütend»?
Bist Du aber gleichzeitig in dir unruhig, hast ein schlechtes Immunsystem, willst übermässig gefallen, neigst eventuell zu depressiven Phasen und bist chronisch verspannt? Dann leidest Du möglicherweise an unterdrückter Wut.
Wenn Du mehrere der folgenden Symptome aufweist, dann könnte es tatsächlich sein, dass Du Deine wahren Emotionen immerzu verdrängst:
1) Du spürst meist nie Wut und findest Menschen, die Wut ausdrücken, nicht akzeptabel oder sogar beängstigend
2) Du fühlst Dich häufiger depressiv, blockiert, freudlos. Wenn Du bewusst oder unbewusst entscheidest, eine bestimmte Emotion nicht zu fühlen, weil Du sie als «negativ» bewertest, blockierst Du damit auch die Fähigkeit, die «positiven» Emotionen zu spüren. Fühlen sollte man in allen Bereichen. Es geht nicht nur in eine Richtung
3) Du zeigst viel passiv-aggressives Verhalten, was bedeutet, dass Du Deine Wut und Deinen Unmut indirekt ausdrückst. Anstatt Dein Gegenüber direkt mit Deiner Unzufriedenheit zu konfrontieren, versuchst Du zb, Deine Botschaft durch die Blume zu kommunizieren, demjenigen ein schlechtes Gewissen einzujagen oder sprichst schlecht über diese persin hinter dem Rücken. Du fühlst Dich generell häufig ungerecht behandelt, missverstanden und übermässig stark in die Pflicht genommen. Oft Gegen stimmst Du Dingen zu, kommst dann aber Deinen Verpflichtungen nicht nach.
4) Du kannst schlecht Nein sagen und willst es auch allen recht machen, weil Du Angst vor Zurückweisung hast. Eine gesunde Portion Wut hilft uns dabei, Grenzen zu setzen. Wenn Du das Spüren von Wut nicht mehr zulässt, nimmst Du Deine Grenzen schlecht wahr.
5) In den seltenen Fällen, in denen Du vlt doch wütend wirst, explodierst Du. Dies zeigt an, dass Du die Emotion so lange unterdrückt hast, bis das sogenannte Fass zum Überlaufen voll war.
6) Du bist innerlich unruhig, gestresst, ängstlich und schläfst möglicherweise schlecht. Wut, bzw. die Grundlage von Wut, nämlich eine evolutionär bedingte kraft von Energie zur Selbstverteidigung, hängt stark mit der körperlichen Stressreaktion zusammen. Fühlen wir die Wut oder Aggression in uns nicht, können Stressreaktion im Körper nicht abgeschlossen werden und zu leichtem oder hohem chronischen Stress führen.
7) Du hast starke Verspannungen/Anspannungen, z.B. im Rücken, im Kiefer (Zähneknirschen) oder in der Magengegend. Auch dieses Symptom liegt darin begründet, dass Wut physisch mobil macht und die Muskeln mit Energie versorgt. Wird der Energiefluss abgewürgt, kann diese Muskelspannung chronisch werden.
8) Du hast ein instabiles Immunsystem, hast häufig Erkältungen und Entzündungen. Langfristig unterdrückte Wut und chronischer Stress vermindern die weissen Blutkörperchen, welche für die Immunabwehr und den Schutz vor Infektionen zuständig sind.
Wieso unterdrücke ich meine Wut?
Die meisten von uns unterdrücken Wut schon so lange, dass es zu einem unbewussten Automatismus geworden ist. Bereit als Kinder oder Babies haben wir damit angefangen und Wut mit tiefliegenden Glaubenssätzen in unserem System abgespeichert. Je nachdem, in was für Familienverhältnissen du aufgewachsen bist, könntest Du folgende Programme in Dir abgespeichert haben:
«Wenn ich wütend werde, werde ich nicht mehr geliebt» z.B. wenn Dich Deine Mutter immer zurechtgewiesen hat, wenn Du wütend wurdest, oder Dich mit Liebesentzug bestraft und komplett ignoriert hat
«Wut ist schlecht», «Wut führt zu Problemen», z.B. wenn Deine Eltern ständig gestritten haben
«Wenn Wut da ist, werden meine Bedürfnisse nicht mehr befriedigt», z.B. wenn der Streit Deiner Elten dazu geführt hat, dass Du weniger Aufmerksamkeit bekommst
«Wut führt zu Gewalt»: z.B. wenn ein Partner handgreiflich wurde .
Wie bereits erwähnt ist die Grundlage der Emotion Wut die evolutionär bedingte Mobilmachung von physischer Energie, um unser Leben zu schützen bzw. anzugreifen, und – neben Angst – somit ein möglicher Auslöser der körperlichen Stressreaktion. Gekoppelt mit frühen traumatischen Erfahrungen kann dies im Körper und Hirn zu folgender negativer Rückkopplungsschlaufe bzw. Teufelskreis führen:
Ein äusserer Stimulus führt zur körperlichen Wutreaktion. Diese führt zu einem bestimmten Verhalten Deinerseits, welches wiederum z.B. zu einer Sanktion durch eine andere Person führt. Du speicherst die Sanktion zusammen mit der Wutreaktion in Deinem System ab und unterdrückst sie so gut es geht. Irgendwann triggert der gleiche oder ein ähnlicher Stimulus wieder die körperliche Wutraeaktin und innerhalb von Bruchteilen erinnert sich ein Teil Deines Systems an «Wut = Sanktion» und Du unterdrückst die Wut wieder. Mit der Zeit wird dieser Prozess immer unbewusster, aber die nicht umgesetzte körperliche Energie führt zu physischen und psychischen Symptomen. Es gilt also, diese eingefahrenen Schaltkreise zu unterbrechen.
Was kann ich denn tun, wenn ich erahne, unterdrückte Wut in mir zu tragen?
Der wichtigste erste Schritt besteht darin, einen Zugang zu deinen eigenen Gefühlen zu bekommen, diese wirklich zu fühlen und die aufgestaute emotionale Ladung in einem sicheren Umfeld abzubauen. Im zweiten Schritt kannst Du anfangen, die Urwurzeln der Wut (Traumata, Glaubenssätze etc.) aufzuarbeiten, um die Schaltkreise zwischen Emotion, Körper und Glaubenssatz zu verändern. Mögliche Ansätze dafür wäre die Arbeit mit mir.