04/10/2025
„700 Auszubildende verschwunden“ – was steckt wirklich dahinter?
In den letzten Monaten wurde viel über die hohe Abbruchquote von Auszubildenden aus dem Ausland berichtet. Schlagzeilen wie „700 Auszubildende verschwunden“ sorgen für Aufsehen – doch was steckt wirklich dahinter?
Als jemand, die selbst mit wenigen Deutschkenntnissen nach Deutschland gekommen ist und hier erfolgreich ein Ingenieurstudium abgeschlossen hat, möchte ich eine differenzierte Perspektive teilen. Denn: Diese jungen Menschen sind nicht einfach „verschwunden“. Viele haben aufgegeben – aus Gründen, die wir besser verstehen sollten.
• Sprachliche Hürden
Deutsch ist eine anspruchsvolle Sprache. Um ein B1-Zertifikat zu bestehen, benötigen viele internationale Bewerber*innen zwischen 8 und 18 Monaten intensiven Sprachunterricht im Heimatland. Das bedeutet eine erhebliche Investition – nicht nur finanziell, sondern auch emotional. Nicht alle haben die Mittel oder die Geduld dafür. Manche greifen daher zu fragwürdigen Alternativen wie dem Kauf von Prüfungsfragen oder sogar Zertifikaten. Bei VICAT Global Ltd. in Vietnam sagen wir deutlich Nein zu solchen Gedanken. Wir setzen auf transparente Vorbereitung, ehrliche Prüfungsleistungen und eine nachhaltige Sprachentwicklung – denn nur so kann Integration wirklich gelingen.
• Sprachkompetenz und Selbstschutz
Ein B1-Niveau reicht für alltägliche Gespräche – beim Einkaufen oder Small Talk. Doch in einem Betrieb, in dem es um komplexe Abläufe, Missverständnisse oder Konflikte geht, fehlt oft die sprachliche Fähigkeit, sich zu erklären oder zu verteidigen. Das kann zu Frustration und Rückzug führen.
• Finanzielle Realität
Die Ausbildungsvergütung liegt meist zwischen 900€ und 1.500€ brutto monatlich – gerade genug zum Leben. In anderen Branchen wie Gastronomie oder Kosmetikstudios kann man ohne Deutschkenntnisse deutlich mehr verdienen. Für viele ist das ein nachvollziehbarer, wenn auch kurzfristig gedachter Ausweg.
• Gesellschaftliche Vorurteile
Sätze wie „Dein Deutsch ist schlecht, du schaffst das sowieso nicht“ können entmutigend wirken. Solche Aussagen beeinflussen das Selbstvertrauen und führen dazu, dass sich manche für den vermeintlich einfacheren Weg entscheiden – ohne Perspektive und ohne Weiterentwicklung. Wer trägt die Verantwortung?
Ist es allein die Schuld der Auszubildenden, wenn sie abbrechen? Oder liegt die Verantwortung auch bei den Betrieben und Bildungseinrichtungen?
Wenn Personal ausschließlich auf Basis von Lebensläufen eingestellt wird, ohne ein echtes Bewerbungsgespräch zu führen, kann es zu Fehlbesetzungen kommen. Wenn Integration im Betrieb nicht aktiv gefördert wird, entsteht kein Umfeld, in dem sich internationale Mitarbeitende entfalten können.
Lösungsansätze – was wir gemeinsam tun können:
• Bewerbungsgespräche führen – persönlich oder online, um Motivation und Persönlichkeit kennenzulernen.
• Soziale und betriebliche Integration aktiv fördern – durch Mentoring, Teambuilding und interkulturelle Sensibilisierung.
• Sprachliche Entwicklung unterstützen – mit Kursen, Lernmaterialien und Geduld im Alltag.
• Regelmäßige Motivations- und Entwicklungsgespräche – um Perspektiven zu schaffen und Herausforderungen frühzeitig zu erkennen.
Bei VICAT Global Ltd liegt die Abbruchquote aktuell unter 5%. Zum Vergleich: Auch unter deutschen Auszubildenden liegt die Abbruchquote bei bis zu 30%. Der Unterschied? Eine gute Vorbereitung in Sprache, Kultur und Fachwissen im Heimatland – sowie eine enge Begleitung und Beratung in Deutschland.
Wenn wir gemeinsam Verantwortung übernehmen – als Arbeitgeber, Bildungseinrichtungen und Gesellschaft – können wir jungen Menschen eine echte Perspektive bieten. Nicht nur für eine Ausbildung, sondern für ein Leben in Deutschland.
Was denken Sie darüber? Ich freue mich über Ihre Gedanken, Erfahrungen und Anregungen – gerne hier in den Kommentaren oder per Nachricht.