01/11/2025
Allerheiligen. Ein Tag, an dem wir unserer Verstorbenen gedenken. In unserer Vorstellung ist dieser Tag grau, nebelig, still und bedrückend schwer. Viele von uns haben heute den Friedhof besucht oder Kerzen angezündet. Allerheiligen, das ist sinnbildlich für Verlust, für Abschied, für Endlichkeit, für Trauer, die eines Tages leichter wird, aber irgendwie nie ganz schwindet.
Doch: Dieser 1. November 2025 war anders. Sonnig und warm, zumindest hier in Bayern. Ein lichtvoller Tag, auch wenn diese Schwere irgendwie spürbar war. Eigentlich müsste alles grauer, eigentlich müsste alles stiller sein, hörte ich mich denken.
Abstrahiert betrachtet, ist dieser herbstsonniger Allerheiligen-Tag dieser emotionale Gegensatz, den wir erleben, wenn wir es mit chronisch oder unheilbar kranken Tieren zu tun haben oder mit dem fortschreitenden Alter unseres Hundes oder unserer Katze konfrontiert sind.
Wir tragen viele Sorgen, viel Verzweiflung mit uns - weil die Symptome unseres Tieres so schwerwiegend sind, weil die Diagnose keinen Zweifel daran lässt, dass unsere gemeinsame Zeit nun zu Ende geht. Und weil wir irgendwie nie sicher sein können, dass das, was wir tun oder auch nicht tun, wirklich richtig ist. Als wären wir an einen riesigen Stein gekettet, schleppen wir uns durch unseren Alltag: was ist anders, was ist neu. Was deutet darauf hin, dass das Ende nun doch gekommen ist, trotz unsere Liebe, trotz unserer Hingabe und trotz all unserer Bemühungen.
Und damit beginnen wir zu trauern, lang bevor der Abschied überhaupt spruchreif wird. Wir versagen uns die schönen, die unbeschwerten Tage, weil der drohende Verlust wie eine Stahlglocke über uns hängt.
Aber genau da liegt der notwendige Sinneswandel, oder wie man auf „Neudeutsch“ oder „Coach-isch“ sagt: der Mindset-Shift. Wir dürfen lernen, die Tage zu nehmen, wie sie kommen. Die guten ebenso wie die schlechten. Die unbeschwerten ebenso wie die grauenvoll schweren. Und wir dürfen lernen, bei uns, bei unserem Tier, bei seinen Bedürfnissen und in unserer Präsenz zu bleiben.
Trotz der Krankheit, trotz der beschissenen Diagnose und der noch grauenvolleren Prognose, trotz des fortgeschrittenen Alters dürfen wir lernen, nicht in die Trauer zu rutschen, sondern das Leben zu feiern. So wie es gerade ist.
Dieses „im Moment bleiben“ ermöglich es uns, auch in unserer Kraft zu bleiben oder Kraft zu tanken für die herausfordernden Stunden, die da auf uns zukommen werden. Aber jetzt, in diesem Moment, vielleicht nur heute - ist alles still, ist alles friedlich. Ist vielleicht alles gut.
Unsere Tiere können das instinktiv und mit einer Selbstverständlichkeit, die berührend ist. Sie verschwenden keinen einzigen Gedanken daran, was morgen sein wird. Oder was gestern besser, leichter war als heute. Für sie ist jeder Tag ein Neuanfang. Ein „Heute geht es nicht so gut. Ich mach mal besser etwas langsamer.“
Wenn es uns gelingt, in eben diese Präsenz und Akzeptanz zu gehen, wird das Zusammenleben mit unserem chronisch kranken oder älter werdenden Tier um so vieles leichter. Weil wir den zentnerschweren Rucksack aus Angst und Trauer ablegen und einzelne Schritte gehen. Die unbeschwert und freudvoll sein können, trotz aller Widrigkeiten und Widerstände.