12/11/2025
WENN DER VATER MIT DEM SOHNE
Mein Vater war einfach nie „da“
In einem meiner zahllosen Weiterbildungen habe ich folgenden Satz gehört:
„Die Frau - Mutter bringt das Kind auf die Welt, der Mann - Vater in die Welt.“
Immer wieder denke an diesen Satz, wenn ich unterschiedliche Lebensgeschichten höre. Heute sagt man auch Vaterwunde dazu. Es gibt inzwischen zahlreiche Literatur dazu. Ebenso zur Mutterwunde.
Wann und in welcher Weise ist der Vater nie „da“?
- Wenn er aus welchen Gründen räumlich nicht da ist
- Wenn er auf Grund seiner eigenen Geschichte in sich gefangen ist.
So auch in diesem Fall:
Ein junger Mann berichtet, dass er keine Ahnung hätte, was er beruflich machen soll. Bis zum aktuellen Zeitpunkt sei alles darauf ausgerichtet, dass er in die Firma seines Vaters einsteigen solle. Er wisse aber gar nicht, ob er das wirklich wolle. Seit er klein sei, würde er mitarbeiten. Er erlebe seinen Vater sehr streng, teilweise aggressiv, er könne nie etwas recht machen. Wenn er Fragen stellen würde, würde sein Vater harsch reagieren: “Wie oft soll ich dir das noch erklären?“ Die Tränen fingen an zu fließen. Über die Geschichte seines Vaters wisse der junge Mann nicht viel. Sein Vater würde ihm nichts erzählen.
DIE AUFSTELLUNG
Ich ließ den jungen Mann eine Stellvertretung für den Vater und eine für ihn selbst suchen und von ihm aufstellen. Er selbst setzte sich neben mich. Als die Bewegung der beiden Stellvertreter begann, standen sich beide starr gegenüber. Der Vater blickte weg und drehte sich irgendwann um. Er bewegte sich ein paar Schritte und starrte in die Ferne. Ich stellte seinen Vater (Großvater v. Klient) hinzu. Nun starrten beide in die Ferne ohne Kontakt zueinander aufzunehmen. Erst als ich den Vater (Urgroßvater) des Großvater dazu stellte, kam Bewegung. Keine der Männer schaute sich an, doch alle bewegten sich durch den Raum. Ich unterbrach das ganze nach einer bestimmten Zeit und ließ den Großvater seinen Vater (Urgroßvater) anschauen. Auf einmal brach der Schmerz auf. Gleich danach auch bei den anderen Männern. Ich ließ es laufen. Aus freier Bewegung lagen sich auf einmal alle Männer in den Armen und weinten bitterlich. Ich nahm den jungen an der Hand und begleitete ihn in diese Männerrunde. Nun hieß es abwarten, mit den Männern aushalten und dem Prozess eine Chance geben, dass er sich endlich zu voll und ganz vollziehen konnte.
QUINTESSENZ
Was immer in der Geschichte des Urgroßvaters auch war – ist in so einem Moment unwichtig. Fakt ist, wenn über Generationen hinweg, der kleine Junge nie einen Vater auf gute Art und Weise hatte, kann er das auch nicht an seine Kinder weitergeben.
RÜCKMELDUNG
„Caroline, mein Vater kam zu mir und bot mir ein Auslandsjahr an, damit ich mich finden kann.“ Er ist sei glücklich und hätte bereits seinen Flug nach England. Von dort würde er schon sehen, wie es weiter gehen würde. Inzwischen ist er weg und reist.
WIE COOL IST DAS DENN?
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