15/09/2025
Sehr schön geschrieben und lesenswert. Danke :)
Gerade in den sozialen Medien wie Instagram oder Facebook kommt es oft vor, dass unter Beiträgen Kommentare auftauchen wie „Quelle?“ oder einfach nur „können Sie das belegen“?“. Natürlich ist es legitim, wenn jemand sich für ein Thema interessiert und mehr wissen möchte. Aber es ist wichtig zu verstehen: Ich habe keine Bringschuld, ständig wissenschaftliche Papers herauszusuchen und unter jeden Satz zu setzen. Wer wirklich Interesse hat, darf und soll auch selbst aktiv werden, zum Beispiel über Google, PubMed oder andere frei zugängliche Datenbanken. Das Wissen liegt da, man muss es sich nur holen.
Gerade bei Naturmedizin ist es ohnehin nicht so einfach, die eine große Studie zu zeigen, die alles erklärt. Oft gibt es kleine Untersuchungen, Erfahrungsberichte und jahrhundertelange Traditionen, die in keinem einzigen Link zusammengefasst sind. Wer also mehr erfahren will, darf selbst in die Tiefe gehen.
In der heutigen, modernen Medizin gilt: Die „härtesten“ Beweise kommen aus großen, aufwendigen Studien. Das ist auch wichtig, denn so kann man Wirkung und Nebenwirkungen objektiv prüfen. Aber: Solche Studien kosten unfassbar viel Geld, oft mehrere Millionen Euro, und sie dauern Jahre.
Jetzt das Problem bei Naturstoffen: Eine Pflanze wie Kamille oder Papaya wächst frei in der Natur. Sie ist nicht patentierbar. Das bedeutet, wenn ein Unternehmen viel Geld in eine große Studie stecken würde, hätten nach Veröffentlichung nicht nur sie selbst, sondern auch alle anderen Hersteller den Vorteil. Jeder könnte auf seine Packung schreiben: „Wirksamkeit durch Studien belegt.“ Der, der die Kosten getragen hat, hätte also keine Sicherheit, dass sich die Investition auch lohnt.
Deshalb investieren Pharmaunternehmen ihre Forschungsgelder meist lieber in synthetische oder patentierbare Wirkstoffe. Dort haben sie ein exklusives Verkaufsrecht und können die Kosten über Jahre wieder einspielen. Bei Naturstoffen geht das nicht.
Das heißt aber nicht, dass Naturmedizin wertlos ist, nur weil es keine großen Studien gibt. Viele Heilpflanzen wurden über Jahrhunderte angewendet. Diese Erfahrungsmedizin bedeutet, dass Generationen von Menschen beobachtet haben: „Das hilft bei Magenbeschwerden“ oder „Das wirkt beruhigend.“ Natürlich sind Beobachtungen nicht dasselbe wie eine klinische Studie, aber sie sind auch kein reines „Hörensagen“.
Ein Blick auf typische Beispiele zeigt das gut:
Bacopa monnieri (Brahmi), traditionell genutzt für Gedächtnis und Konzentration, mit vielen positiven Erfahrungsberichten, aber nur kleinen und uneinheitlichen Studien.
Mönchspfeffer, seit Jahrhunderten bei Zyklusbeschwerden angewendet, von vielen Frauen geschätzt, wissenschaftlich jedoch nicht stark belegt.
Katzenkralle, in Südamerika bei Entzündungen genutzt, viele positive Rückmeldungen, Studienlage schwach.
Papaya-Extrakt, in verschiedenen Kulturen für Verdauung und Immunsystem genutzt, Erfahrungsmedizin stark, klinische Daten dünn.
Goldrute, klassisch bei Blasen- und Nierenbeschwerden eingesetzt, viele Erfahrungsberichte, kaum große Studien.
Weihrauch, geschätzt bei Gelenkbeschwerden und Entzündungen, gute Beobachtungen, aber nur kleine Studien.
Schisandra, traditionelles TCM-Tonikum für Energie und Stress, viele Anwender schwören darauf, die Studienlage ist aber spärlich.
Wenn man sich vorstellt, es würde eine große Studie zu Kamille gemacht werden, dann könnte das ganze Wissen aus dieser Studie sofort von allen Firmen genutzt werden, die Kamillenprodukte verkaufen. Der eigentliche Sponsor hätte die Kosten, der Markt aber den Gewinn. Genau deshalb gibt es in der Phytotherapie häufig kleinere Studien, die von Universitäten oder öffentlichen Förderprogrammen getragen werden, aber eben nicht die riesigen, industriegestützten Untersuchungen, die man aus der Pharmaforschung kennt.
Darum gilt: Fehlen Studien, ist das nicht automatisch ein Beweis dafür, dass etwas nicht wirkt. Oft zeigt es nur, dass niemand bereit ist, die Millionen dafür auszugeben, weil der wirtschaftliche Nutzen zu klein wäre. Hier kommt die Erfahrungsmedizin ins Spiel, die eine Art „praktisches Wissen aus vielen Generationen“ darstellt und die oft bestätigt, was kleine Studien ebenfalls andeuten.
Praxis für ganzheitliche Naturheilkunde & Chiropraktik
Alexandra Nau
-Heilpraktikerin-