01/07/2022
"So können wir nicht arbeiten!" - Das Fazit von Tag 1 mit der geänderten Testverordnung. 😢
Viele Monate haben wir die Verbandsgemeinde im vergangenen Jahr ehrenamlich im kommunalen Testzentrum unterstützt. Als diese Testmöglichkeit eingestellt wurde, haben wir beschlossen, wir werden weitermachen.
Otterberg brauchte dringend eine Anlaufstelle für PCR-Testungen. Das Team der Hebammenpraxis, Krankenschwestern, Arzthelferinnen, der ehemalige Stadtbürgermeister und viele weitere treue Helfer haben sich zusammengetan und eine eigene Test-Anlaufstelle für die Menschen in unserer Region geschaffen. Seit dem vergangenen Winter kommen so täglich zwischen 40 und 150 Menschen in unsere Teststelle. Am Anfang waren das die Massen-PCR-Tests nach Ausbruchsgeschehen in den Kindergärten, wir haben es möglich gemacht. Dann kamen die Schulkinder mit positiven Schnelltests aus den Schulen, die Besucher aus den ortsansässigen Pflegeeinrichtungen. Viele Menschen, die nun endlich den langersehnten Termin in der Onkologie wahrnehmen konnten. Die ältere Dame, die sich testen möchte, bevor sie ihrer 90jährigen Nachbarin im Haushalt hilft. Physiotherapeuten, die nicht ungetestet ihre Patienten im Seniorenheim behandeln möchten.... und ab und zu kam auch jemand, der sich einfach zur "Sicherheit" testen möchte, weil es nach dem letzten Familientreffen einige Coronafälle gab. Das Land rief irgendwann dazu auf, die Kindertagesstätten regelmäßig zu testen, wir haben es möglich gemacht.
Es lief reibungslos, kein einziger unserer Besucher kam aus "Jux und Tollerei". Häufig ging es weit über die Arbeit als Teststelle hinaus. Manchmal brauchte es aufmunternde Worte, ein Glas Wasser und manchmal wurden PCR-Ergebnisse ausgefahren (weil der 85 jährige Testling nicht so ganz in der Welt des Internets zu Hause war), da gab es Menschen, die ihre schwer erkrankten Angehörigen plötzlich trotz Besucherstopp im Klinikum besuchen durften. Wir wussten was das bedeutet und haben auch außerhalb der Öffnungszeiten einen schnellen Test ermöglicht, beim nächsten Besuch in unserer Teststelle flossen auf beiden Seiten Tränen, ein Mensch weniger auf dieser Welt. Da waren die aufgeregten werdenden Väter, die jederzeit Geburtsbereit sein wollten. Das alles waren nicht nur Nasen, sondern Menschen und Schicksale. Als viele Testzentren schlossen, weil es nicht mehr rentabel genug war, haben wir beschlossen, all diese Menschen nicht im Stich zu lassen.
Wir hatten uns fest vorgenommen, auch über Sommer für die Menschen in unserer Region eine Anlaufstelle zu sein und dann kam die Änderung der Testverordnung!
Heute kam wieder die ältere Dame, die ihrer Nachbarin helfen möchte. Sie muss erstmal eine 2-seitige Selbstauskunft ausfüllen, versuchen das Paragrafendeutsch zu verstehen und am Ende sollen wir ihr 3€ abknüpfen. 3€, die sie jetzt 3x in der Woche aufbringen muss. Dabei ist es ihr schon kaum möglich von ihrer mickrigen Rente ihre Lebensmittel zu kaufen. Aber sie möchte doch ihre Nachbarin nicht gefährden. Verzweiflung! Die nächste Besucherin (nicht mobil) muss nun zu Fuß ins Seniorenheim, um sich den Berechtigungsnachweis der Einrichtung ausfüllen zu lassen, dann läuft sie damit zu unserer Teststelle, kämpft sich durch den Bürokratiewahnsinn und läuft wieder zum Seniorenheim - alles um ein paar Minuten mit ihrem geliebten Ehemann zu verbringen. Die werdende Mutter in der Frühschwangerschaft, muss uns nun ihren Mutterpass vorlegen, dabei soll es doch noch niemand wissen. Wir wissen nun viel, nicht nur dass sie schwanger ist, denn so ein Mutterpass beinhaltet viele persönliche und sensible Daten. Heute morgen war schon klar, so wird es nicht funktionieren, so können wir nicht arbeiten! Heute Nachmittag ging es genau so weiter. Vom heutigen Papierkrieg haben wir eine ganze Ablage gefüllt. Wir brauchen dann nach 4 Wochen einen zusätzlichen Raum, um die ganzen Dokumente aufzubewahren.
Klar ist, wir brauchen eine zusätzliche Mitarbeiterin, die sich ausschließlich um den bürokratischen Kraftakt bemüht.
Nein Karl Lauterbach, so können wir nicht arbeiten! WDR SWR Aktuell DIE RHEINPFALZ