05/10/2025
Heute mal meine Meinung zu einem ernsten Thema:
„Krankenkasse riskiert die Gesundheit ihrer Versicherten und gibt dafür auch noch Geld aus. Davor kann nur der freie und unabhängige Beruf des Arztes schützen!“
Wie ich zu dieser Meinung komme, möchte im Verlauf darlegen.
Ja, es wird etwas länger und wissenschaftlich, aber ihr schafft das.
Wie am Posteingangsstempel zu lesen ist erreichte mich Anfang Oktober ein Brief der IKK Classic. Darin möchten sie mich über eine wirtschaftlich Verordnungsweise informieren. Es geht um Kosteneinsparungen durch Rabattverträge der Kasse mit den Herstellern für die Wirkstoffe Dabigatran (Pradaxa) und Edoxaban (Lixiana) und den auslaufenden Patentschutz für das Rivaroxaban (Xarelto) und damit die generische Herstellung durch andere Firmen.
Durch konsequenten Einsatz dieser Substanzen kann ich der Kasse wohl einiges an Geld einsparen. Hier wird die Umstellung von Apixaban (Eliquis) auf Rivaroxaban dargelegt. Angeblich könnten 5700 Euro oder 52% der Kosten eingespart werden.
Warum war ich entsetzt über dieses Schreiben? Diese Krankenkasse riskiert die Gesundheit ihrer Versicherten! Um das zu verstehen, muss man etwas tiefer in die Materie eintauchen.
Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban und Dabigatran gehören zu den sogenannten NOAK (neue orale Antikoagulanzien= Blutverdünner) oder DOAK (direkte orale Antikoagulanzien). Sie werden zum Beispiel bei Vorhofflimmern eingesetzt, um Schlaganfälle zu verhindern. Sie sind alle den Vitamin-K-Antagonisten zumindest nicht unterlegen. Dies zeigten alle Zulassungsstudien. Sie haben weitestgehend die alten Vitamin K Antagonisten (Marcumar/ Phenprocumon und Warfarin in den USA) abgelöst.
Warum ist dies gelungen? Phenprocumon muss aufwendig durch regelmäßige Blutentnahmen überwacht werden und ist sehr stark in der Wirkung durch Ernährung zu beeinflussen. Dies fällt bei den anderen Substanzen weg. Auch ist die Halbwertszeit deutlich geringer, in den meisten Fällen kann eine Überbrückung mit Heparin entfallen.
Warum ist für mich das Apixanban der klare Sieger und wird von mir bevorzugt verordnet? Es hat in vielen Studien seine Überlegenheit nicht nur gegenüber Phenprocumon (Marcumar) sondern auch gegenüber den anderen Mitbewerbern gezeigt.
Ich verlinke hier dann einige Seiten, die die Studien dazu zeigen.
Beginnen wir mit dem Dabigatran. https://www.aerzteblatt.de/news/us-studie-mehr-blutungskomplikationen-unter-dabigatran-f473312c-ef90-4ab9-afbb-12ec27f242ed
Es zeigte ein deutlich gehäuftes Auftreten von schweren Blutungen im Vergleich zu einem Vitamin-K-Antagonisten. Zum Glück gibt es für dieses Medikament ein Gegenmittel…
Das Rivaroxaban unterliegt in einem Head-to-Head Vergleich dem Apixaban, was Blutungen insgesamt betrifft. https://link.springer.com/article/10.1007/BF03653034
Das Edoxaban ist dem Apixaban unterlegen was Blutungen und Sterblichkeit angeht. https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/STROKEAHA.123.045098 #:~:text=However%2C%20edoxaban%20was%20associated%20with,robust%20across%20all%20sensitivity%20analyses
Das Apixaban ist meiner Meinung nach der klare Sieger. In der Zulassungsstudie zeigte sich sogar eine Überlegenheit gegenüber dem Warfarin. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1107039 #:~:text=Conclusions,.gov%20number%2C%20NCT00412984 Und wie oben schon gezeigt ist es, was das Blutungsrisiko angeht, sogar allen anderen überlegen.
Somit Schließt sich der Kreis. Diese Krankenkasse riskiert meiner Meinung nach die Gesundheit ihrer Versicherten. Sie legen dem Arzt einen Wechsel auf Medikamente mit in Studien deutlich höheren Blutungsrisken nahe um Kosten zu sparen.
Aber, wie die IKK in einem schmalen Satz auf der zweiten Seite ihres Schreibens angibt, entscheidet noch der freie und unabhängige Arzt, welches Medikament für seine Patienten das Beste ist. Wollen wir alle hoffen, dass dies noch lange so bleibt.
Ach und ganz am Rande… auch dieser Service die nötigen Studien zu kennen und in der Therapie zu beachten ist in den nicht mal 20 Euro Flatrate pro Monat beim Hausarzt mit inbegriffen.
Wer dies bis hier hin gelesen hat kann gern nachfragen, wenn er was nicht verstanden hat. Zum Beispiel bei einem Klön-Kaffee.