30/11/2025
Reitsport im Visier!
Im Pferdesport jagt momentan ein Skandal den nächsten. Und so sehr einige versuchen, alles als bedauerliche Einzelfälle abzutun: Ich bin überzeugt, wir sehen gerade einmal die Spitze des Eisbergs. In all den Jahren durfte – oder musste – ich immer wieder hinter verschlossene Türen blicken.
Vor allem im Springreiten, wo ich als Trainer oft Jungpferde startete. Viel zu oft war ich dabei der Crashdummy, der zu sehen bekam, was andere lieber verbergen.
Und was ich sah, hat mich schon damals erschüttert.
Pferde, die nicht gefördert, sondern benutzt werden. Menschen, die ein Lebewesen zum Werkzeug ihres eigenen Egos machen. Gerade im Turniersport liegen Glanz und Grausamkeit manchmal gefährlich nah beieinander. Ob man diesen Sport ganz verbieten sollte?
Eine radikale Frage – und eine, die ich mir nicht anmaße allein zu beantworten.
Doch das Problem endet nicht an der Turnierbande. In vielen Reitschulen beginnt das eigentliche, stille Leid.
Tag für Tag laufen Schulpferde stundenlang ihre eintönigen Runden, tragen unerfahrene Reiter, funktionieren einfach. Bis sie irgendwann physisch wie psychisch ausgelaugt sind.
Ich sehe solche Pferde später oft bei Händlern stehen. Oder Menschen rufen uns an, verzweifelt auf der Suche nach jemandem, der das abgekämpfte Tier noch übernimmt.
Ein Reitverbot für alle wäre dennoch keine Lösung – im Gegenteil. Was würde aus all diesen Pferden werden? Nicht jeder hat Platz oder Geld, ein Pferd einfach stehen zu lassen. Die grausame Wahrheit ist: Viele würden, wie schon unzählige zuvor, im Tierfutter enden.
Was also tun?
Wir brauchen ein Umdenken – ein echtes, tiefes.
Regeln im Turniersport, die nicht nur auf dem Papier stehen. Reitschulen, die auf Qualität statt Masse setzen.
Und Menschen, die begreifen, dass ein Pferd kein Sportgerät ist, sondern ein Lebewesen, dem der Mensch soviel zu verdanken hat.
Aber schon jetzt weiß ich, das es zu diesem Artikel wieder eine Flut an Kommentaren und privaten Nachrichten geben wird, natürlich dürfen die unvermeidlichen Links zu irgendwelchen „Spieltanten“ nicht fehlen.
Manche Leute kapieren einfach nicht, worum es mir geht.
Ja, ich liebe Pferde. Und genau deswegen mache ich keinen Zirkus mit ihnen. Meine Verantwortung ist es, jedem Pferd eine Zukunft zu geben – und das gelingt nur mit klarer, konsequenter und notfalls unbequemer Ausbildung. Ich weiß sehr genau, was mit Pferden passiert, die keiner mehr reiten will. Aber viele tun so, als könne man diese Realität mit Feenstaub und Kindergartenpädagogik wegwischen.
Diese Heuchelei geht mir ehrlich gesagt auf die Nerven. Pferdeliebe heißt nicht, das Pferd wie ein übergroßes Plüschtier zu behandeln und mit ihm herumzuspielen.
Das können Pferde wunderbar selbst – auf der Weide, mit Artgenossen.
Und bei Hunden ist es nicht anders: Niemand braucht einen Hund, der nicht hört, Grenzen ignoriert oder gar beißt. Aber natürlich gibt es immer jemanden, der meint, er könne „alles über Liebe lösen“.
Viel Glück dabei.
SE