06/11/2025
Viele,die mich und meine Hunde,seit über 50 Jahren Rottweiler kennen,fragen mich warum meine Hunde so sind wie sie sind.Das zu erklären ist eigentlich ganz einfach:
Dominanz, Rangordnung usw..
Solche Sätze sind tief verwurzelt – und stammen aus einer Zeit, als man Hundeerziehung noch mit Macht, Unterordnung und Schlagworten wie Alpha, Rangordnung und Dominanz erklärte.
Doch was, wenn all das gar nicht stimmt?
Was, wenn Dominanz gar nicht das ist, was viele glauben?
Und was, wenn unser Bild vom „Rudelführer“ mehr über Menschen aussagt als über Hunde
Ich sehe das immer wie Kinder und Eltern.
Man bedenke,
„Dominanz“ zeigt sich wenn überhaupt nicht in Aggression, sondern in Körpersprache:
Wer weicht, wer bleibt stehen.
Wer bekommt Ressourcen wer gibt sie freiwillig ab.
Wer vermittelt Ruhe wer reagiert hektisch.
In gut funktionierenden Hundebeziehungen läuft das meiste still, unspektakulär und friedlich ab.
Und der Mensch?
Der hat die seltene Fähigkeit, solche feinen Signale oft komplett zu übersehen,um sich dann zu wundern, warum der Hund „plötzlich ausrastet“
In der Psychologie wird Dominanz nicht als Aggression verstanden, sondern als die Fähigkeit, in sozialen Situationen Kontrolle über Ressourcen oder Entscheidungen auszuüben.
Ein „dominanter“ Hund muss also nicht laut, wild oder unfreundlich sein – oft ist er der souveränste, ruhigste, ausgeglichenste im Raum.
Nicht selten sind sie die sozialen Puffer einer Gruppe jene, die Konflikte vermeiden, nicht provozieren.
Das klingt weniger nach „Anführer“ und mehr nach Mentor
Weil unser Bild vom Hund unser Handeln bestimmt.
Wenn ich glaube, mein Hund wolle mich führen, sehe ich sein Verhalten durch diese Linse.
Und ehe man sich versieht, reagiert man mit Härte, Druck oder gar Gewalt – und zerstört genau das, was echte Führung ausmacht: Vertrauen.
Hunde, die mit aversiven Methoden erzogen werden, also mit Schreck, Schmerz oder Einschüchterung entwickeln häufiger Angst, Stresssymptome und problematisches Verhalten.
Sie „funktionieren“ vielleicht kurzfristig – aber innerlich lernen sie, dass der Mensch unberechenbar ist.
Und ein unsicherer Hund braucht keinen „Chef“ – sondern jemanden, der Ruhe ausstrahlt, Sicherheit gibt und fair bleibt.
Rangordnung ja, aber richtig verstanden
Natürlich gibt es auch in Hundegruppen soziale Strukturen.
Manche Hunde geben den Ton an, andere ordnen sich unter.
Aber das hat nichts mit Kampfgeist zu tun, sondern mit Erfahrung, Temperament und Vertrauen.
Wenn zwei Hunde sich verstehen, braucht es keine Drohgebärden. Ein einziger Blick, eine kleine Geste genügt und beide wissen, wie die Situation gemeint ist.
Das ist Kommunikation auf Hochleistungsniveau, die wir Menschen uns manchmal abschauen könnten.
Und das Spannende: In funktionierenden Gruppen wechseln die Rollen je nach Situation.
Beim Futter mag einer den Vorrang haben, beim Spielen führt ein anderer.
Soziale Flexibilität ist das eigentliche Geheimnis – nicht starre Hierarchien.
Man sollte wissen:
Knurren ist Sprache. Wer sie verbietet, nimmt dem Hund das Mikrofon und wundert sich dann über die Eskalation.
„Man muss Hunde unterwerfen, damit sie gehorchen.“
Das funktioniert nur in der Theorie und nur für Menschen mit schlechtem Selbstbewusstsein. In der Realität führt Vertrauen nicht Druck.
Führung im besten Sinn bedeutet: Klarheit, Ruhe, Vorhersehbarkeit.
Ein Hund folgt nicht dem Lautesten, sondern dem Verlässlichsten.
Wer souverän führt, kommuniziert still.
Ein Blick, eine Haltung, ein konsequentes Ritual das reicht.
Das ist keine Dominanz. Das ist Vertrauen in Aktion.
Und genau darin liegt die große Verantwortung:
Wir entscheiden, ob unser Hund uns aus Angst folgt oder aus echter Sicherheit.
Vielleicht ist der wahre „Alpha“ gar nicht der, der führt, sondern der, dem freiwillig gefolgt wird.
Vielleicht ist Dominanz keine Drohung, sondern Kompetenz.
Und vielleicht sollten wir weniger darüber nachdenken, wer oben ist und mehr darüber, wie gut wir kommunizieren.
Denn wer mit einem Hund lebt, lebt mit einem fühlenden, denkenden, hochsozialen Wesen – keinem Konkurrenten, sondern einem Partner.
Und Partnerschaft braucht kein Machtspiel nur Verständnis.
Ich bin also nur die "Mutter" meiner Rottis😉