07/12/2025
Der GKV-Spitzenverband und somit die Krankenkassen haben ein Sparpaket geschnürt – und seit gestern erklären sie in den Medien, warum dieses „Sparen“ eigentlich ein großer Reformschritt sein soll. Doch ein „Sparpaket“ bedeutet bei den Kassen etwas völlig anderes als das, was wir Bürger unter Sparen verstehen.
Wenn ich zu Hause nicht mehr genug Geld habe, um meinen Lebensstandard zu halten, muss ich zurückstecken: Kein neuer PC, keine Restaurantbesuche, keine Reisen. Ich kaufe günstiger ein, verschiebe Anschaffungen, reduziere meinen Verbrauch – ich spare tatsächlich.
Die Krankenkassen sparen dagegen auf ihre eigene Art. Übertragen auf mein Leben würde das bedeuten: Ich zahle die Kreditrate nur noch teilweise, die Urlaubsreise nur zu 80 %, und im Supermarkt lege ich bei 64,30 Euro Einkaufswert einen 50-Euro-Schein auf den Tresen und sage gönnerhaft: „Stimmt so, danke!“
Im Alltag nennt man das nicht Sparen, sondern Insolvenzverschleppung. Die Kassen haben dafür einen deutlich freundlicher klingenden Euphemismus erfunden: „Sparpaket“.
Und nun wird es richtig interessant – denn die politische Argumentation, die wir seit gestern hören, läuft nach dem gleichen Muster. Dort heißt es:
„Wir entlasten unser System strukturell“,
„Wir setzen klare Prioritäten“,
„Wir erwarten gesamtgesellschaftliche Solidarität“.
Übersetzt bedeutet das: Andere sollen die Lücken stopfen.
Wenn mich der Supermarkt also mit meinen nur halb bezahlten Lebensmitteln nicht gehen lassen will, würde ich – ganz im Stil der Krankenkassen – souverän erklären:
„Bitte sehen Sie das im gesamtwirtschaftlichen Kontext. Jeder muss seinen fairen Beitrag zu meinem privaten Konsolidierungspaket leisten.“
Und sollte der Filialleiter einwenden, dass Ware vollständig bezahlt werden müsse, antworte ich gelassen:
„Ich würde ja gerne voll zahlen, aber das wäre strukturell nicht nachhaltig. Da müssen Sie als Handelspartner konstruktiv mitwirken.“
Genau dieser Ton dominiert in den Berichten der vergangenen Tage:
Nicht die Kassen sparen – alle anderen sollen es für sie tun.
Ärzte, Kliniken, Pflegeeinrichtungen, Versicherte – alle werden höflich gebeten, ihren „fairen Anteil“ zu übernehmen. Doch was man dabei nie hört:
„Wir reduzieren unsere Ausgaben. Wir können uns nicht mehr alles leisten, was wir bisher bezahlt haben. Wir haben uns übernommen und müssen unser Leistungsversprechen zurückschrauben.“
Stattdessen lautet die politische Logik:
Man spart nicht bei sich selbst – man bezahlt einfach seine Rechnungen nicht vollständig und nennt es dann Reform.
Kurz gesagt: Die Kassen schnüren kein Sparpaket. Sie schnüren ein Weiterreich-Paket. Und wundern sich anschließend, warum alle anderen plötzlich so unkooperativ reagieren.
Autor: Marcus Heidemann, BVKJ