11/04/2024
ES WIRD IMMER EINEN STIFT GEBEN
ABITTE LEISTEN
ES WIRD IMMER EINEN STIFT GEBEN, UM DIE ZUKUNFT ZU SCHREIBEN.
ABER ES WIRD NIE EIN RADIERGUMMI GEBEN, UM DIE VERGANGENHEIT AUSZURADIEREN.
Es gibt Verletzung und es gibt Liebe. Sie rollen uns durch die Tage, wie eine Schildkröte den Hügel hinabrollt. Wenn wir dann auf dem Rücken liegen, können wir einfach weiterrollen, immer weiter in Richtung Meer.
Vom Wolkenbruch gelöste Felsen versperren Wege, vom Sturm umgestürzte Bäume zerstören neu gebaute Nester, und unsere Krisen werfen uns aufeinander zurück. Das ist unausweichlich. Bleibe Leben, und du wirst verletzt werden und andere verletzen.
Unbeabsichtigtes Verletzen ist so verbreitet wie vom Wind heruntergeschlagene Äste.
Doch wenn wir nicht zugeben, dass wir jemanden verletzt haben, wird daraus eine Wunde:
So wie uns nach einem Sturz nichts anderes übrig bleibt, als wieder aufzustehen, müssen wir zugeben, was wir dem anderen angetan haben, und die Scherben aufsammeln.
Abbitte zu leisten ist kein einfacher, aber großer Akt der Integrität, der Vertrauen bildet; letztlich ist Vertrauen der Boden, in dem die Wurzeln der:
Menschheit Halt finden.
Ohne Vertrauen gräbt sich das Leben auf der Erde selbst das Wasser ab.
Was bringt uns dazu, einander zu verletzen?
Das ist schwer zu sagen.
Aber offenbar sind wir als Menschen mit vielen alten, mächtigen Gegensätzen konfrontiert, die ständig auf uns einwirken:
Licht und Dunkelheit, Ja und Nein und vor allem Angst und Frieden.
Denn infolge von Angst spüren wir das Bedürfnis, uns zu isolieren oder andere zu kontrollieren, und oft verletzen wir andere und auch uns selbst, weil wir uns über sie erheben.
Wenn wir uns nicht fürchten, wenn wir einen Augenblick des Friedens erleben, verspüren wir ein ganz anderes Bedürfnis. Dann fühlen wir plötzlich das Verlangen, uns zu verbinden und zu anderen lebendigen Wesen zu gehören, und dann, in einem Akt echter Umarmung und Annahme, lieben wir einander.
Doch genauso wie niemand im täglichen Leben ausgenommen ist von Schlafen und Wachen, kann niemand vermeiden, sowohl Angst als auch Frieden zu fühlen, und niemand kann vermeiden, sowohl zu verletzen als auch zu lieben.
Aber die Welt wird zusammengehalten von jenen, die ihre Angst überwinden, und sei es noch so kurz.
Das Blut des Lebens selbst wird von jenen mit Leben aufgeladen, die schlicht und tapfer diese Trennungen wieder und wieder überwinden und heilen.
Selbst wenn wir uns unserer Verletztheit erst Jahre später bewusst werden, kann ein kleines Wort oder eine winzige Geste der Verantwortung für unser Tun das Herz wieder öffnen.
Vielleicht hast du selber dies alles schon erlebt. Nun, dann vesuche es doch einmal:
- Setze dich still hin und vergegenwärtige dir in Herz und Sinn einen Akt der Isolation oder Kontrolle deinerseits, der jemand anderen verletzte.
- Atme tief und versuche zu sehen, welche Angst dein Bedürfnis nach Isolation oder Kontrolle ausgelöst hat.
- Atme langsam und leiste in deinem Herzen Abbitte; das heißt, nimm die dahinterstehende Angst genauso als die deine an wie den daraus entstehenden Akt der Isolation oder Kontrolle sowie die Verletzung, die er bewirkte.
- Bringe nur für dich selbst deine Abbitte in einem Brief oder auf einer Karte an die betroffene Person zum Ausdruck.
- Geh in deinen Tag und lass dein Herz dir sagen, ob du diese Abbitte abschicken willst oder nicht.
Denke vor allem daran, dass unsere Zeit endlich ist. Verschiebe es nicht auf morgen, sondern mache es jetzt. Denn morgen kann es schon zu spät sein.